Publikation 12/04/2010 - Spring Procurement
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Publikation 12/04/2010

12.04.2010 (Printausgabe), BUSINESS + LOGISTIC

Maverick's letzte Bastion

Maverick-Buying ist eine Unart! In den meisten Unternehmen ist dieser Leitsatz schon etabliert und die Mitarbeiter sind darauf geschult jede Bestellung über den Einkauf abzuwickeln. Dies führt in konsequenter Ausführung zu einer deutlichen Senkung der Einkaufskosten, da der Einkauf im richtigen Kompetenzzentrum durchgeführt wird.

Prinzipien ohne Treue

Doch wieweit geht diese Prinzipientreue wirklich? Nach wie vor werden immer noch in einigen Warengruppen die Einkaufsprozesse ohne Einschaltung der Einkaufsabteilung durchgeführt. Je nach Branche sind das sieben bis 18 Prozent des Einkaufsvolumens, so eine Studie der auf strategisches Beschaffungsmanagement spezialisierten österreichischen Unternehmensberatung Spring Procurement. In dieser Studie fanden die Experten auch heraus, dass durch Vermeidung von Maverick-Buying durchschnittlich 15 Prozent der Einkaufskosten in den betreffenden Warengruppen eingespart werden könnten.

Sonderstellung „IT-Abteilung“

Ein klassischer Problembereich ist der IT Einkauf. Dieser Bereich spielt für die „Logistik“ eine entscheidende Rolle. Ist sie doch die Basis für eine effiziente Supply Chain. Dabei reicht sie von der Software bis hin zu Einzelkomponenten wie Scanner (etwa im Lager). Trotz der Bedeutung der IT für Unternehmen verweisen viele Einkäufer bei diesem Thema sofort auf ihre IT-Abteilung, da diese neben anderen Tätigkeiten meist auch den Einkauf der Geräte, der Software und vielfach auch der Kommunikationsdienstleistungen durchführt. „Die IT solle funktionieren und die IT-Abteilung wisse genau, welche Voraussetzungen nötig seien“ oder „Bei IT-Geräten von großen multinationalen Herstellern könne man ohnehin nicht mehr verhandeln“ ist oft der Tenor im gesamten Unternehmen. Auch der ständige Preisverfall bei IT Produkten verleitet zum Gedanken, dass der Einkauf in der IT sehr gut aufgehoben sei. Und sollten die Preise einmal erhöht werden, lässt sich dies leicht mit einem Technologie upgrade rechtfertigen.

„Einkauf“ zum Einkauf

„Diese Sonderbehandlung der IT ist jedoch nicht nachvollziehbar“, erläutert Gerd Clement, Geschäftsführer von Spring Procurement gegenüber BUSINESS+LOGISTIC. Er verweist darauf, dass die technischen Spezifikationsblätter von produktionsrelevanten Materialien oft deutlich anspruchsvoller seien als das Datenblatt eines Notebooks oder eines Servers. Dennoch wird der Einkauf bei Verhandlungen für Hardware oder IT-Dienstleistungen oft nicht, oder nur rudimentär, herangezogen. „Um einen gesunden Einkauf auch in der IT zu garantieren, sollte der Einkauf, genauso wie in jeder anderen Warengruppe auch, die kaufmännische Verantwortung übernehmen“, ergänzt Jacob Homan, geschäftsführender Partner von Spring Procurement. „Die IT sollte sich um den technischen Aspekt in der Beschaffung kümmern und Bedarfsanforderungen mit den nötigen technischen Spezifikationen an den Einkauf weiterleiten. Der Ausschreibungs- und Preisverhandlungsprozess sollte dann vom Einkauf geführt werden“, so Homan weiter. So sei gewährleistet, dass für das Unternehmen eine reibungslos funktionierende IT-Ausstattung mit einem angemessenen Budget beschafft wird. Dies erfordert zwar zusätzliche Ressourcen in der Einkaufsabteilung, die aber leicht argumentiert werden können. Denn erstens werden damit die Einkaufskosten gesenkt und zweitens werden in der IT-Abteilung wieder personelle Ressourcen frei, die vorher für den Einkauf von IT-Komponenten benötigt wurden.

Preisliche Überraschungen

„Viele Unternehmen werden überrascht sein wie sich diese einfache organisatorische Maßnahme auf die Kosten auswirkt“, gibt Clement zu bedenken. Und in der Tat: Nicht selten kommt es vor, dass bis zu 30 Prozent des Budgets für Hardwarekomponenten und IT-Dienstleistungen eingespart werden können. Diese hohen Einsparungspotenziale bestehen, da sich die IT-Lieferanten traditionell sehr sicher in ihrem Territorium fühlen und häufig ein „leichtes Spiel“ mit den IT-Abteilungen haben.

Emotion als „rosarote Brille“

Ein Verkäufer, der sein neuestes technisches Produkt vorstellt, hat hier den Nutzer und den Entscheider in einer Person vereint vor sich. Er ist als Verkäufer meist professionell geschult und hat noch dazu ein Produkt, das den IT-Mitarbeiter, der in seiner Rolle als Einkäufer wahrscheinlich nicht annähernd so gut geschult ist, emotional sehr interessiert.

Keine Scheu vor der IT

Der Verkäufer weist auf die Einzigartigkeit hin und erzeugt so ein Bedürfnis nach seinem Produkt. Dieses Bedürfnis wird dann aber nicht ausreichend mit den Kosten verglichen die es verursacht. Auch ist die Einzigartigkeit des Produkts an sich oft anzuzweifeln. Gibt es wirklich keinen anderen Lieferanten der ein ähnliches oder vielleicht sogar dasselbe Produkt anbieten kann? Dies sind die Fragen die sich ein guter Einkäufer vor jeder Entscheidung stellt. Außerdem ist der Einkauf nicht direkter Nutzer des beschafften Produkts und somit dem Thema auch eher unbefangen gegenüber. Um die Beschaffungsprozesse im IT-Einkauf zu optimieren, sollte also in diesem Bereich Maverick-Buying genauso vermieden werden wie in jeder anderen Warengruppe auch. „Die Einkäufer sollten sich daher nicht scheuen, auch noch die letzte Bastion im Unternehmen, in der Maverick-Buying noch geduldet wird, zu erobern“, meint Homan gegenüber BUSINESS+LOGISTIC abschließend.